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Klimawandel, Hungerkrise, Rohstoffknappheit und Naturzerstörung stehen auf der internationalen Tagesordnung. Dennoch geht in der Politik, in der Wirtschaft und im Alltag Vieles weiter wie bisher: Für Flughäfen werden neue Start- und Landebahnen geplant, neue Kohlekraftwerke sollen gebaut werden und Heizpilze sprießen aus dem Boden. Im Zweifelsfalle sind der Politik die Ankurbelung der Nachfrage und die Interessen der Autoindustrie wichtiger als der Klimaschutz. Und selbstverständlich sollen Lebensmittel, T-Shirt und Turnschuhe wenig kosten. Armut in Entwicklungsländern hin, Umweltverschmutzung in Schwellenländern her. Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Politik wird vielfach beschworen - und ungebrochen dem Wirtschaftswachstum Vorrang eingeräumt.
Der Klimawandel ruft nach nichts weniger als einem Zivilisationswandel. Das war die Ausgangslage für ein interdisziplinär angelegtes Forschungsprojekt des Wuppertal Instituts unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Sachs. Es wurde im Sinne einer Zwischenbilanz gefragt, "ist Deutschland zukunftsfähiger geworden und wie haben sich die Bedingungen mit der Globalisierung verändert?".
Suffizienz wird als persönlicher Lebensstil hoch geschätzt. Als unentbehrlicher Teil zukunftsfähigen Lebens und Wirtschaftens wird sie aber erst Wirkung erlangen, wenn sie politisch durchgesetzt und damit verpflichtend wird. In einem ersten Text hat der Autor 30 Suffizienzpolitiken kartiert und begründet. Jetzt ist zu überlegen, auf welche Weise staatliche Maßnahmen dieser Art mit ihren Anreizen, aber eben auch mit ihren Grenzsetzungen und Verboten in der Wahlbevölkerung annehmbar werden können. Auch wenn Anordnungen des Staates verpflichtend sind, sind sie für ihre Wirksamkeit doch auf eine möglichst große Bereitschaft angewiesen, sie hinzunehmen und möglichst auch gutzuheißen und zu unterstützen. Schon darum, weil sonst Wege gesucht werden, diese Politiken zu umgehen, oder weil den Urhebern dieser Politiken bei den nächsten Wahlen das Vertrauen entzogen wird. Wie also sind Suffizienzpolitiken überzeugend zu begründen? Wie sind sie möglichst wirksam vorzustellen? Welche Widerstände sind zu erwarten? Was wiederum lässt sich tun, um die Abwehr zu überwinden?
Untersucht werden acht Politiken, um aus ihnen Merkmale für die Akzeptanz von Suffizienzpolitiken zu gewinnen. Die Beispiele sind in sich sehr unterschiedlich. Alle jedoch, ob gelungen, beabsichtigt oder bisher ohne Erfolg, lassen sich auf Auskünfte zum Thema dieser Arbeit hin befragen. Ein Schlusskapitel wertet sie aus und hält fest, was aus ihnen an Einsicht für die vor unserer Generation liegenden Aufgaben zu gewinnen ist. Das Ganze ist als eine Handreichung gedacht für politische Entscheiderinnen und Entscheider wie für aktive Bürger und Bürgerinnen.
Dieser Gesellschaft und mit ihr der Wirtschaft, dieser Wirtschaft und mit ihr der Gesellschaft stehen einschneidende Veränderungen bevor und damit ein gerütteltes Maß an gemeinsamem Lernen. Zunächst ist zu fragen, was zu lernen ist. Vier Felder werden besprochen: Die wichtigsten Interessen erkennen; die weltweiten Abhängigkeiten ernst nehmen; das Wohlergehen unabhängig vom Wirtschaftswachstum suchen; den Wertewandel auch politisch denken. Danach ist zu überlegen, was dem gesellschaftlichen Lernen im Wege steht: der Wunsch das Erreichte zu behalten; die Faszination des Güterwohlstandes; der Sog des Fortschrittsdenkens. Und schließlich ist eine Antwort zu suchen, wobei das Interesse vor allem den Lernmotiven gilt: Wie lassen sich Gewinnstreben und Nachhaltigkeit verbinden, wie die Verlustängste zum Produktiven wenden? Das stärkste Motiv aber wird die Unausweichlichkeit des Wandels sein. Die Kosten des Lebens und Wirtschaftens werden deutlich steigen, und die allermeisten Menschen in diesem Land werden einen wachsenden Anteil ihrer Einkünfte benötigen, um die Grundbedürfnisse ihres Lebens zu stillen. Die Aufgabe heißt, die notwendige Bescheidung anzunehmen als die Bedingung der Zukunftsfähigkeit. Das kann durchaus gelingen. Auf das, was sie als unumgänglich erfahren, stellen sich die allermeisten Menschen ohne größere Widerstände ein - unter zwei Voraussetzungen: Was ihnen abgefordert wird, muss einsichtig begründet sein, und es muss alle treffen je nach ihrer Leistungsfähigkeit. Die Transformation zur Nachhaltigkeit wird ein Gemeinschaftswerk sein. Es kann dann erfolgreich sein, wenn in ihm nicht nur Politik und Wirtschaft das Sagen haben, sondern wenn auch die aktiven Teile der Gesellschaft an den Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Gesichert ist von all dem nichts; aber es lohnt sich dafür zu arbeiten.
Weder Mangel noch Übermaß - diese Formel fasst das Anliegen der in diesem Band versammelten Aufsätze zusammen. Eine Formel, die Wohlstand für alle einfordert, gleichzeitig aber die Begrenzung des materiellen Wachstums, das "rechte Maß" sucht und streitbar vertritt. Der Autor warnt vor Lösungen, die allein auf technologische Effizienz bauen, ganz gleich wie attraktiv und intelligent sie sein mögen. Denn sie verhindern nicht den Wunsch nach mehr, weitere Expansion und ungerechte Verteilung. Dagegen führt Suffizienz als Strategie zur maßvollen Ressourcennutzung auf neue Wege, die Bedürfnisse auf das menschliche Maß zu konzentrieren. Doch wie lernen Gesellschaften das? Was steht dem Wandel zur Zukunftsfähigkeit im Wege? Wie lässt er sich fördern? Zu diesen Fragen entsteht gerade eine gesellschaftliche Debatte und auch Entscheidungsträger stellen sich den Themen Wachstum und Wohlstand zunehmend kritisch. Manfred Linz liefert dafür einen substanziellen Beitrag. In dem Buch hat der Autor Aufsätze aus seiner 20jährigen Forschungstätigkeit am Wuppertal Institut zusammengestellt.
Was wird dann aus der Wirtschaft? : Über Suffizienz, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit
(2006)
In einer Situation, in der das Wirtschaftswachstum als eine der wichtigsten Aufgaben dieser Gesellschaft gilt und als eines der entscheidenden Mittel zur Minderung der Arbeitslosigkeit angesehen wird, gerät Suffizienz, die sich für eine maßvolle Nutzung der Ressourcen und ein anderes Verständnis von Wohlstand einsetzt, leicht in den Ruf ökonomischer und sozialer Unverträglichkeit. Dieser Verdacht ist unberechtigt. Einmal ist in entwickelten Industriegesellschaften nur noch mit einem bescheidenen Wirtschaftswachstum zu rechnen, das kaum neue Arbeit schaffen wird. Dann wird zu zeigen sein, dass ein an Suffizienz orientiertes Wirtschaften nicht nur Ressourcen schont sondern auch neue Erwerbsarbeit ermöglicht. Hohe Arbeitslosigkeit lässt sich darüber hinaus auch durch kluge Sozial- und Arbeitsmarktpolitik vermindern. Zu überwinden ist sie nur, wenn die Erwerbsarbeit geteilt wird.
Wie lässt sich die Notwendigkeit der Suffizienz in der Breite der Bevölkerung einwurzeln? Da gibt es zunächst die Hoffnung auf einen kulturellen Wandel, in dem die immateriellen Werte des Lebens besser verstanden und höher geschätzt werden. Es gibt inzwischen viele Initiativen, suffizientes Leben und Wirtschaften in die Öffentlichkeit zu tragen, um für sie Aufmerksamkeit zu gewinnen und für sie zu werben. Auch lehrt inzwischen der Alltag Suffizienz. Da das tägliche Leben teurer geworden ist und weiterhin teurer werden wird, wächst auch die Einsicht in Grenzen des Konsums, zusammen mit der Erfahrung, dass maßvoller Genuss die Lebensfreude nicht schmälert.
Der hier zusammengestellte Katalog von Suffizienzpolitiken ist nicht nach Sachgebieten aufgebaut, sondern nach Eingriffstiefe und vermutlicher Akzeptanz der Maßnahmen. Im ersten Abschnitt stehen Politiken, die wohl die Zustimmung des größten Teils der Bevölkerung finden werden, weil sie ihr Leben erleichtern oder jedenfalls nicht beschweren werden. Ihr Ertrag für den Klimaschutz und die Ressourcenschonung ist freilich begrenzt.
Der zweite Teil enthält Politiken, die Umstellungen und neues Nachdenken erfordern, die einen spürbaren Eingriff in das Gängige und so gern Gewählte bedeuten, für die Routinen gewechselt und neue Gewohnheiten gefunden werden müssen, die aber keinen tief greifenden Wandel der Lebensweise erfordern. Ihr Beitrag zum Erhalt der Natur fällt durchaus ins Gewicht.
Im dritten Teil stehen die Politiken, die in das gewohnte Leben und Wirtschaften eingreifen, die ein gründliches Umdenken und die auch Verzichte fordern. Dafür leisten sie einen entscheidenden Beitrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Die hier vorgestellten 30 Politiken sind keine erschöpfende Aufstellung. Es sind Beispiele, Stellvertreter, ein Strauß von Möglichkeiten sehr unterschiedlicher Reichweite.
Ausgangspunkt des Impulspapiers von Manfred Linz und Gerhard Scherhorn ist ihre Feststellung, dass alle Energieszenarien bis 2010 unter einer Überschätzung der technologischen Lösungen litten. Die Szenarien gingen davon aus, dass das Klimaziel auch bei unveränderter Steigerung der Energienachfrage allein mit Energieeffizienz und der Erschließung erneuerbarer Energien erreicht wird. Auf die Hemmnisse, die sich aus widerstrebenden Interessen, dem Zeitbedarf der Anpassung und der Verknappung der naturgegebenen Ressourcen ergeben, gehen sie kaum ein. Die Autoren nehmen die aktuelle Wachstumsdebatte im Zuge der Einsetzung einer Enquetekommission zum Anlass, darauf zu verweisen, dass den Produzenten und Konsumenten noch immer die politischen Voraussetzungen dafür fehlen, ihre Energienachfrage aus eigenem Antrieb zu verringern.