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Der Eon/RWE-Deal : Marktbeherrschung und Shareholder Value-Politik mit behördlicher Zustimmung
(2019)
Am 17. September 2019 hat die EU-Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager dem Stromkonzern Eon die Übernahme und Zerschlagung der RWE-Tochter Innogy unter leichten Auflagen erlaubt. Damit geht eine vollständige Geschäftsfeldaufteilung zwischen den beiden mächtigsten nationalen Energiekonzernen Eon und RWE einher. Während sich Eon auf die Bereiche Vertrieb und Verteilnetzbetrieb konzentrieren wird, übernimmt RWE die konventionellen Kraftwerke des bisherigen Konkurrenten sowie alle Anlagen der erneuerbaren Stromerzeugung. Auch alle vor rund zwei Jahren zunächst an Innogy abgegebenen Anlagen zur Stromerzeugung werden von RWE wieder zurückgeholt. Zudem erhält RWE eine 16,7-prozentige Beteiligung an Eon. Dazu gab das Bundeskartellamt (BKartA) bereits am 26.02.2019 bekannt, dass es diese Beteiligung für unbedenklich hält.
Die Freigabe der EU-Kommission vom September 2019 ist eine "Entscheidung von enormer Tragweite" die den "gesamten Sektor grundlegend verändern" wird. Denn durch diesen Mega-Deal entstehen im deutschen Energiesektor zwei monolithische Giganten mit bisher nie dagewesener Marktmacht.
Zwischen 2005 und 2016 gab es in Deutschland über 150 Stadtwerke-Neugründungen im Energiebereich. Die insgesamt rund 900 Stadtwerke, die heute im Energiesektor tätig sind, spielen für die Energiewende eine zentrale Rolle. Denn sie stellen weit über die Hälfte der Versorgung an Strom, Gas und Wärme sicher. Zudem haben Stadtwerke aufgrund ihrer kommunalen Verankerung eine besondere Position im Spannungsgefüge von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Gründe und Motive zu dieser Gründungswelle führten und welche Erfolgsfaktoren für Stadtwerke-Neugründungen ausschlaggebend waren.
Stadtwerke spielen für die Energiewende eine zentrale Rolle. Zum einen stellen sie in Deutschland weit über die Hälfte der Versorgung an Strom, Gas und Wärme sicher, zum anderen haben Stadtwerke aufgrund ihrer kommunalen Verankerung eine besondere Position im Spannungsgefüge von Politik, Wirtschaft und Privathaushalten. Wenn es aber um die Frage geht, was den Erfolg von neugegründeten Stadtwerken ausmacht, besteht in der Literatur in gewissem Maße eine Forschungslücke.
Die vorliegende Studie, die vom Wuppertal Institut und der BLUBERRIES GmbH gemeinsam erstellt wurde, behandelt ausgewählte Handlungsfelder, bei denen ein Einfluss auf den Unternehmenserfolg von neugegründeten Stadtwerken zu vermuten ist. Dabei werden als Rahmen die Ziele der Rekommunalisierung herangezogen und konkret vier Handlungsfelder in den Vordergrund gerückt. Der Fokus der Studie liegt auf Fragestellungen nach dem wirtschaftlichen Erfolg neugegründeter Stadtwerke sowie deren Zielerreichung. Dabei wird auf den klassischen Ansatz der Erfolgsfaktorenforschung zurückgegriffen. Ziel dieser Studie ist die Formulierung erster Aussagen darüber, wie einerseits die unterstellten Handlungsfelder in ihrer Ausgestaltung, andererseits die Erfolgsmaße durch neugegründete Stadtwerke beurteilt werden.
Aufgrund der im Rahmen dieser Untersuchung vorgenommenen Online-Befragung lassen sich für die in den Focus genommenen vier Handlungsfelder (Kooperationen, Digitalisierung, Resilienz und Soziale Verantwortung) die wichtigsten Ergebnisse wie folgt zusammenfassen:
Kooperationen und verschiedene Formen der Zusammenarbeit in der Gründungsphase spielen für den Erfolg neu gegründeter Stadtwerke eine sehr große Rolle. Neu gegründete Stadtwerke legen meist großen Wert auf nachhaltige Geschäftsbeziehungen zu örtlichen Unternehmen, was einen wesentlichen Beitrag zum Public Value darstellt. Insbesondere gut ausgearbeitete Geschäftsstrategien in den Bereichen Erneuerbare Energien, Verteilnetzbetrieb, Vertrieb und Diversifikation unterstützen die Umsetzung der Unternehmensziele in Bezug auf Resilienz und Nachhaltigkeit. Die eher durchschnittliche Bewertung der Resilienz-Relevanz für den Ausbau eines Smart Grids im Verteilnetzbereich ist ein Indiz dafür, dass der Ordnungsrahmen so geändert werden müsste, dass Investitionen in diesem Bereich attraktiver werden.
Aufgrund des explorativen Charakters der vorgelegten Studie, der keine repräsentativen Aussagen über die Erfolgsfaktoren von neugegründeten Stadtwerken zulässt, werden folgende vier Hypothesen abgeleitet:
1. Der Einsatz von horizontal-kooperativen Ansätzen in der Gründungsphase als ein spezifisches Wesensmerkmal der deutschen Stadtwerkelandschaft hat positive Auswirkungen auf die Verbesserung des wirtschaftlichen Erfolgs und der Rentabilität.
2. Der Fokus auf Resilienz, Nachhaltigkeit und Klimaschutz als zentrale Werte des Stadtwerks und als integrale Bestandteile des Unternehmensleitbildes unterstützt die Erreichung der strategischen Ziele des neugegründeten Stadtwerks.
3. Das Anbieten von Smart Metern zur Erhöhung der Kundentransparenz, zur Verbesserung des Kundennutzens und zur Optimierung des Verteilnetzmanagements kann als Erfolgsfaktor eingestuft werden und unterstützt seitens der Stadtwerke eine positive Unternehmensentwicklung nicht nur in der Startphase.
4. Die explizite Wahrnehmung von sozialer Verantwortung wirkt sich positiv auf den Unternehmenserfolg aus.
Es müsste nun anschließend auf der Basis einer größeren Grundgesamtheit geprüft werden, ob und inwieweit die beschriebenen Tendenzen (die sich aus der Online-Befragung ergeben) und die explorativen Hypothesen im Rahmen eines konfirmatorischen Untersuchungsansatzes wissenschaftlich verifiziert werden können.
Dieses Inputpapier soll für japanische Entscheidungsträgerinnen und -träger aufzeigen, was die Hintergründe der in Deutschland zu beobachtenden Welle an Stadtwerke-Neugründungen und Rekommunalisierungen sind. Dabei wird auf aktuelle energiewirtschaftliche Entwicklungen und Rahmenbedingungen in Deutschland eingegangen, die ein besseres Verständnis vermitteln werden. Das Inputpapier soll vor allem japanische Kommunalpolitikerinnen und -politiker in die Lage versetzen, in ihren eigenen Gemeinden fundierte Diskussionen über eine mögliche Stadtwerkegründung zu führen und Entscheidungen vorzubereiten. Dies können sie auf Basis wichtiger Grundkenntnisse und Erfahrungen deutscher Städte und Gemeinden initiieren. Im Laufe des Gesamtprojektes wird im Herbst 2018 ein Werkzeugkasten entwickelt, der zur Unternehmens-Neugründung in Japan wichtige Hilfestellungen wird leisten können. Ergänzend dazu bleiben juristische und energiewirtschaftliche Fachberatungen unerlässlich, um einen erfolgreichen Start der neuen kommunalwirtschaftlichen Unternehmen zu gewährleisten. Dieses Inputpapier versteht sich daher als erste Handreichung und Hilfestellung für kommunale Entscheidungsträgerinnen und -träger in Japan, damit dort ein Grundverständnis des "Stadtwerkeprinzips" entstehen kann.
Mit dem Auslaufen vieler Konzessionsverträge im Strom- und Gasbereich auf der örtlichen Verteilnetzebene sind in Deutschland zahlreiche neue Stadtwerke entstanden. Die Bestandsaufnahmen der Autoren zeigen einen eindrucksvollen Sachstand: Durch Gründung von insgesamt 152 neuen Stadt-, Gemeinde- und Regionalwerken haben zahlreiche Kommunen zwischen 2005 und 2016 die Chance ergriffen, ihre Energieversorgung künftig mit eigenen Unternehmen stärker selbst gestalten zu wollen. Doch zum Ende dieser Periode lässt dieser Trend in Deutschland merklich nach. International hingegen mehren sich die Fälle kommunalwirtschaftlichen Engagements. Selbst im Mutterland des Kapitalismus, den USA, gibt es eine starke Bewegung zur Gründung von Stadtwerken. Insbesondere in den Kommunen werden die Auswirkungen verfehlter Privatisierungspolitik deutlich. Hier zeigten sich die negativen Auswirkungen einer am Shareholder Value ausgerichteten Versorgung am deutlichsten. Deshalb wird dort zunehmend nach Lösungen gesucht, die den Public Value steigern, dabei die Gemeinwohlinteressen der Kommunen in den Vordergrund stellen und die Qualität von Serviceleistungen der Daseinsvorsorge nachhaltig verbessern.
Stadtwerke sind im Ruhrgebiet strukturprägend und haben eine lange Tradition. Sie sind fester Bestandteil der Akteurskonstellation im Energiebereich der Emscher-Lippe-Zone. Schon heute zeichnen sich die Stadtwerke des Ruhrgebiets vielfach dadurch aus, dass sie die mit der Energiewende verbundenen Chancen nutzen. Ihre technische und gesellschaftliche Struktur entspricht weitgehend den mit der Energiewende verbundenen Transformationsprozessen hin zu einer stärkeren Dezentralität der Erzeugung und der Demokratisierung der Energieversorgung. Die meisten Stadtwerke des Ruhrgebiets sind auf mehreren Wertschöpfungsstufen im Energiebereich tätig. In der Stromerzeugung haben sie einen Schwerpunkt im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung und bei erneuerbaren Energien. Zudem sind sie vielerorts Partner und teilweise sogar Mitinitiator bürgerschaftlichen Engagements zum Ausbau erneuerbarer Energien. Als Verteilnetzbetreiber für Strom, Gas und Wärme sorgen sie vielerorts für die Integration und Verteilung erneuerbarer Energien. Die Energiewende findet weitgehend in den örtlichen Verteilnetzen statt und bedeutet für die Stadtwerke des Ruhrgebiets eine Zunahme an komplexen Koordinierungsfunktionen und teilweise auch die Herausbildung völlig neuer Aufgaben.
Die Energiewende regional gestalten : auf dem Weg zu einer Energiewende-Roadmap im Ruhrgebiet
(2017)
Diese Broschüre ist ein Produkt des Rahmenprogramms zur Umsetzung der Energiewende in den Kommunen des Ruhrgebiets: Die Aufgabe des Projektes bestand darin auszuloten, in welcher Weise Kommunen ihre Handlungskapazitäten zur Umsetzung der Energiewende in der Region bewahren beziehungsweise perspektivisch erweitern können.
Das Rahmenprogramm steuerte in seiner dreijährigen Projektlaufzeit (2013-2016) einen Beitrag zur Analyse der Handlungsfähigkeit von Kommunen im Ruhrgebiet zur Umsetzung der Energiewende bei und systematisierte bisherige Handlungsansätze in der Region. Es setzte an bestehenden Rahmenbedingungen an und versuchte, in Zusammenarbeit mit regionalen Akteurinnen und Akteuren künftige Handlungsansätze für eine langfristig angelegte Umsetzung der Energiewende in der Region zu identifizieren. Das vorliegende Dokument führt Ergebnisse des Projektes zusammen und formuliert strategische Hinweise für die weitere Umsetzung der Energiewende im Ruhrgebiet.
Für die Energiewende im Ruhrgebiet muss eine umfassende Strategie einer Wärmewende verfolgt werden. Wichtige Treiber dafür sind die Stadtwerke mit ihren Nah- und Fernwärmenetzen. Doch im Wärmemarkt sind die bisherigen Transformationserfolge gering. Während erneuerbare Energien mittlerweile einen Anteil von über 30 Prozent im Stromsektor haben, spielen sie im Wärmebereich mit lediglich rund 10 Prozent eine bescheidene Rolle. Die erforderliche Wärmewende ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Wechselwirkung zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Gas und Mobilität (Sektorenkopplung).