Die Grundstoffindustrie ist ein wichtiger Pfeiler des Wohlstands in Deutschland, sie garantiert Wertschöpfung und sorgt für über 550.000 hochwertige Arbeitsplätze. Um diese für die deutsche Wirtschaft wichtigen Branchen zu erhalten, müssen jetzt die Schlüsseltechnologien für eine CO2-arme Grundstoffproduktion entwickelt und für den großtechnischen Einsatz skaliert werden.
Die vorliegende Analyse ist als Ergänzung zu der Studie "Klimaneutrale Industrie: Schlüsseltechnologien und Politikoptionen für Stahl, Chemie und Zement" gedacht. Die 13 in der erwähnten Studie vorgestellten Schlüsseltechnologien werden hier für die technisch interessierten Leserinnen und Leser eingehender beschrieben und diskutiert.
Diese Publikation dient als Aufschlag für eine Diskussion über Technologieoptionen und Strategien für eine klimaneutrale Industrie. Alle Daten und Annahmen in dieser Analyse wurden mit Unternehmen und Branchenverbänden intensiv besprochen. Die quantitativen Aussagen sind trotzdem als vorläufig zu betrachten, da sich viele Technologien noch in einer frühen Entwicklungsphase befinden und Abschätzungen über Kosten mit großen Unsicherheiten verbunden sind.
Nach den G7-Beschlüssen von Elmau und dem Klimaabkommen von Paris im Jahr 2015 ist das Thema der langfristigen Dekarbonisierung der Energiesysteme der Industrieländer in den Vordergrund der politischen und wissenschaftlichen Diskussion gerückt. Japan und Deutschland stehen als führende Industrienationen vor ähnlichen Herausforderungen, gleichzeitig können sich aber auch für beide Länder wirtschaftliche Entwicklungschancen aus der Dekarbonisierung ergeben. Aus diesem Grund bietet sich eine verstärkte Kooperation und die Initiierung gegenseitiger Lernprozesse besonders an. Die vorliegende Metaanalyse ambitionierter Klimaschutzszenarien für Japan und Deutschland stellt mit der Diskussion von langfristigen Dekarbonisierungsstrategien in beiden Ländern einen ersten Schritt in diese Richtung dar.
Die quantitative Analyse hat gezeigt, dass die Untersuchungsschwerpunkte der Szenarien - sowohl für Deutschland als auch für Japan - vielfach auf den THG-Emissionen des Energiesystems liegen. Die THG-Emissionen anderer Sektoren werden seltener und wenn, dann oft in geringerer Detailtiefe berücksichtigt. Der Vergleich von ambitionierten Dekarbonisierungsszenarien mit THG-Minderungszielen von 80 bis 100 Prozent zeigt in vielen Bereichen für Japan und Deutschland tendenziell recht ähnliche Entwicklungen und Strategien auf. Es wird deutlich, dass in beiden Ländern erhebliche Änderungen insbesondere im Energiesystem notwendig sind, um die anvisierten mittel- und langfristigen THG-Minderungsziele zu erreichen. Es werden ähnliche Annahmen zu Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftsentwicklung getroffen und es werden vergleichbare Entwicklungstrends bei vielen Ausprägungen des Energiesystems deutlich. Unterschiede zwischen den deutschen und japanischen Szenarien sowie zwischen den Szenarien der einzelnen Länder bestehen hingegen vor allem in Bezug auf Geschwindigkeit, Umfang und die Zusammensetzung der Strategieelemente.
In der vorliegenden Studie steht die Forschungsfrage im Mittelpunkt, ob ein vollständig auf erneuerbaren Energien beruhendes Stromsystem mit hohen Importanteilen von rund 10 bis 20 % nach heutigem Stand des Wissens als technisch-ökologisch realisierbar angesehen werden kann. Als Grundlage für die Untersuchung wird in erster Linie auf eine Reihe von Szenariostudien zurückgegriffen, die ein weitgehend treibhausgasemissionsfreies, zu 90 bis 100 % auf regenerativer Erzeugung basierendes und von hohen Stromimportanteilen gekennzeichnetes Stromsystem mit dem Zeithorizont 2050 modellieren und beschreiben. Dabei werden analog zu Szenarien für Deutschland auch vorliegende Szenarien für Europa in den Blick genommen, die für den europäischen Kontinent wesentliche Nettostromimporte aus Nordafrika vorsehen.