IN4climate.RR verfolgt das Ziel, die Industrie im Rheinischen Revier auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen und in die Transformationsprozesse in NRW, Deutschland und Europa einzubinden. Ein zentrales Anliegen ist es, die damit verbundenen Veränderungen in zentralen Wertschöpfungs- und Prozessketten aufzuzeigen und neue wirtschaftliche Potenziale für die Strukturwandelregion zu identifizieren. Das vorliegende Papier zielt daher darauf ab,
eine strukturelle Analyse der Aluminium-Wertschöpfungskette in Deutschland und NRW vorzunehmen, um Prozessschritte, Stoffströme und relevante Akteure zu vermitteln,
die Transformations-Herausforderungen der Branche im Kontext von Klimaneutralität und Ressourceneffizienz zu benennen, aber auch mögliche Perspektiven zu diskutieren,
ein Schlaglicht auf den besonders relevanten Sektor des Fahrzeugbaus zu werfen sowie
Thesen und Fragestellungen für Folgearbeiten mit Praxispartnern zur zukünftigen Aluminium-Wertschöpfungskette zu skizzieren.
PKW und eine kleinere Anzahl weiterer Fahrzeugklassen fallen in Deutschland nach einer Nutzungsdauer von durchschnittlich 17 Jahren als Altfahrzeuge zur Verwertung an. Insgesamt wurden im Jahr 2020 2,8 Millionen Fahrzeuge endgültig stillgelegt. Allerdings wurden im gleichen Jahr lediglich etwa 400.000 Altfahrzeuge in anerkannten Demontagebetrieben behandelt. Mit rund 80 % wird der größte Anteil an stillgelegten Fahrzeugen bereits in der Nutzungsphase als Gebrauchtwagen in andere Länder exportiert, sodass diese nicht als Altfahrzeuge in Deutschland anfallen. Darüber hinaus ist der Verbleib von etwa 200.000 Altfahrzeugen statistisch nicht erfasst, was eine illegale Demontage in nicht anerkannten Betrieben sowie illegalen Export vermuten lässt. Dadurch gehen signifikante Mengen an Sekundärrohstoffen für eine Verwertung in Deutschland verloren, was den Bedarf nach energieintensiver Primärproduktion erhöht und gerade bei kritischen Rohstoffen zur Abhängigkeit von globalen Lieferketen beiträgt.
Doch auch bei den in Deutschland verwerteten Altfahrzeugen setzen die bestehenden Strukturen nur geringe Anreize für eine umfassende Rückgewinnung wertvoller Ressourcen. So gibt es bundesweit zwar über 1000 anerkannte Demontagebetriebe für Altfahrzeuge, hier werden jedoch meist aus wirtschaftlichen Gründen neben der fachgerechten Entnahme von Betriebsmitteln nur vereinzelt Bauteile einer Wiederverwendung zugeführt. Der überwiegende Teil der Restkarosse wird 46 Schredderbetriebe in Deutschland weitergegeben. Diese sortieren vorwiegend nach Eisen-, Nicht-Eisen- und Leichtfraktion. Bei der anschließenden Verwertung dieser Stoffströme handelt es sich jedoch meistens nicht um hochwertiges Recycling, sondern überwiegend um Downcycling und energetische Verwertung. Darüber hinaus wird von einer unbekannten Anzahl illegaler Demontagebetriebe ausgegangen, die in direkter Konkurrenz zu den anerkannten Demontagebetrieben stehen und durch deren Aktivitäten unbekannte Mengen an Sekundärrohstoffen dem Markt entzogen werden. Auch der aktuelle regulatorische Rahmen setzt nur bedingt Anreize für eine höherwertige Verwertung. Insgesamt führt dies dazu, dass trotz relativ hoher gesetzlicher Vorgaben der deutschen Altfahrzeug-Verordnung die tatsächlichen Quoten und Qualitäten seit Jahren rückläufig sind.
Das vorliegende Papier zielt daher darauf ab, ein umfassendes Verständnis für das gegenwärtige System der Fahrzeugverwertung und der damit verbundenen Rohstoffpotentiale in Deutschland zu schaffen, Lösungsansätze zur Verbesserung der Kreislauführung aufzuzeigen und dabei mögliche Beiträge des Rheinischen Reviers zu diskutieren. Die Region ist sowohl von Ballungsgebieten mit einer hohen Anzahl an Altfahrzeugen umgeben als auch durch eine für die Fahrzeugproduktion relevante Industriestruktur gekennzeichnet – mit Grundstoffherstellern aus Bereichen wie Aluminium, Glas und Kunststoffe. Daher soll insbesondere das Potential einer Kreislaufschließung durch eine effiziente und qualitativ hochwertige Verwertung von Altfahrzeugen diskutiert werden. Das Papier schafft somit eine wesentliche Grundlage, um die hier skizzierten Ansätze im weiteren Projektverlauf von IN4Climate.RR gemeinsam mit Revierakteuren zu konkretisieren.