Die voranschreitende Umstellung des Energiesystems von einer "additiven Rolle" regenerativer Energien hin zu deren Dominanz wirft zahlreiche Fragestelllungen auf, für deren Beantwortung in zunehmendem Maße Modellierungsansätze gewählt werden. Vor diesem Hintergrund ist in den letzten Jahren eine große Anzahl von modellbasierten Szenarioanalysen des deutschen Energiesystems entstanden. Da sie zum Teil sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielen, die nur schwer miteinander vergleichbar sind, erschwert dies die Weiterentwicklung des Zukunftswissens zur Energiewende und auch die gegenseitige Qualitätssicherung der Ergebnisse.
Vor diesem Hintergrund hat das Wuppertal Institut zusammen mit den Partnern Fraunhofer ISE und DLR das RegMex-Projekt durchgeführt. Ziel des Projektes war zum einen die inhaltliche Weiterentwicklung der Diskussion zur Ausgestaltung der Energiewende. Zum anderen sollte durch den Modellvergleich eine höhere Transparenz der teilnehmenden Modelle erreicht werden, um die Implikationen und Auswirkungen verschiedener Modellansätze besser differenzierten zu können.
Im Modellexperiment 1 wurden für zwei Szenarien (Zielszenario und Ambitioniertes Szenario) das Gesamtsystem mit Hilfe von drei Energiesystemmodellen und im Modellexperiment 2 das Stromsystem und flexible Sektorenkopplung mit Hilfe von vier Stromsystemmodellen modelliert. In einem weiteren Arbeitspaket wurden "Disruptive Elemente" identifiziert und analysiert, die gravierende Auswirkungen auf das Energiesystem haben können. Die Modellexperimente zeigen klar, dass die Einordnung und Interpretation von Modellergebnissen nicht losgelöst von den Modellen und deren methodischen Unterschieden erfolgen darf.
Ca. 50 % des Endenergiebedarfes in Deutschland, wie auch im Mittel in Europa, sind Wärme. Die Energiewende kann also nur mit einer Wärmewende gelingen. Eine klimaneutrale Wärmeversorgung zeitnah zu erreichen muss daher wesentliches Ziel der Gesellschaft und der Politik der kommenden Jahre sein. Dies spiegelt sich auch in den Sektorenzielen der Bundesregierung wider: sowohl im Gebäudesektor als auch im Industriesektor werden deutliche Einsparungen der CO2-Emissionen erwartet, die wesentlich auf eine Umstellung der Wärmebereitstellung abzielen.
In Jahr 2022 kamen zu dieser bereits bekannten Zielsetzung aus klimapolitischer Sicht durch den Krieg in der Ukraine weitere wesentliche Aspekte hinzu: In der öffentlichen Diskussion dominierte das Thema "Versorgungssicherheit" in der Wärmeversorgung von Gebäuden und Industrie. Gleichzeitig wurde Erdgas als billige und ausreichend zur Verfügung stehende "Brückentechnologie" in Frage gestellt und die hohen fossilen Energiepreise rückten einige bisher oft als zu aufwändig betrachtete nachhaltige Technologien schlagartig mehr ins Zentrum der Lösungen.
Somit war 2022 das Jahr, in dem das Thema klimaneutrale Wärme bisher unbekannte Aufmerksamkeit erfuhr.