Zukünftige Energie- und Industriesysteme
Der Ressourcenreichtum Norwegens hat die Grundlage dafür geschaffen, dass der nordeuropäische Staat weltweit zu den Ländern mit dem höchsten Lebensstandard zählt. Doch fossile Energien sind endlich, und auch nach ihrer Erschöpfung soll der norwegische Wohlfahrtstaat Bestand haben. Deshalb wurde in dem Königreich im Jahr 1990 ein Staatsfonds aufgelegt, in dem seither die Überschüsse aus dem Öl- und Gasverkauf angelegt werden. Diese Mittel sollen die Handlungsfähigkeit des Staates in der Post-Petroleum-Ära sicherstellen.
Ende der 1990er Jahre wurden in der norwegischen Gesellschaft Stimmen laut, dass der Staatsfonds nicht nur zur intergenerationellen Gerechtigkeit, sondern auch zur Umsetzung der Werte und Normen des Landes in der Gegenwart beitragen solle. Ende 2004 wurden schließlich vom Parlament (Storting) auf Basis des Graver Reports ethische Richtlinien für die Anlagepolitik des Staatsfonds beschlossen. Der mit einem Vermögen von über 280 Mrd. Euro (Stand Ende 2007) zweitgrößte Staatsfonds der Welt soll nun nur noch Unternehmen in seinem Portfolio haben, die diese ethischen Richtlinien einhalten. Im vorliegenden Paper werden Genese und Outcome dieser Entwicklung eines "Dritten Weges" zwischen Profitmaximierung und Nachhaltigkeit dargestellt.
Die Ethik-Richtlinie hat verschiedene Dimensionen (u. a. kein Beitrag zu Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit, schweren Umweltschäden, etc.), wobei sich der vorliegende Text auf die Fragestellung konzentriert, inwiefern Staatsfonds ein neues Instrument der Klimaschutzpolitik sein können. Dazu werden der Beitrag der beiden Hauptinstrumente der Ethikrichtlinien, das "Active Ownership" und der Unternehmensausschluss, zum globalen Klimaschutz ebenso analysiert wie die zu ihrer Umsetzung geschaffenen Akteure. Die Bandbreite der Auswirkungen reicht dabei vom Dialog mit Unternehmen in den USA, Lobbytätigkeiten gegen vom Kongress geplante Klimaschutzgesetze einzustellen bis hin zur Verbannung einzelner Firmen aus dem Portfolio des Staatsfonds wegen groben Verstößen gegen die Ethik-Richtlinien.
Die Möglichkeiten und Grenzen einer Übernahme der norwegischen Regeln durch andere Akteure der Finanzwirtschaft werden ebenso untersucht wie erste Diffusionseffekte. Schließlich wird auf die laufende Evaluation der Ethik-Richtlinien und auf Stand und Perspektiven norwegischer Klimaschutzinnenpolitik eingegangen.
Geschlechtergerechtigkeit als Basis für nachhaltige Klimapolitik : feministisches Hintergrundpapier
(2008)
Energie aus Biomasse spielt unter den erneuerbaren Energien eine zunehmend wichtigere Rolle. Biomasse kann industriell weiterverarbeitet werden oder der Erzeugung von Wärme, Strom und anderen Energieformen dienen. Daher ist bereits heute beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe eine massive Nutzungskonkurrenz zwischen stofflicher und energetischer Verwertung absehbar.
Aus der begrenzten Verfügbarkeit der Ressource und der steigenden Nachfrage nach Biomasse leitet sich die Forderung nach ihrer möglichst effizienten Verwertung ab. In diesem Zusammenhang fällt immer häufiger der Begriff der Kaskadennutzung von nachwachsenden Rohstoffen (Nawaro) als möglicher Lösungsansatz. Dieses Konzept kann im Wesentlichen als eine Hintereinanderschaltung von (mehrfacher) stofflicher und energetischer Nutzung desselben Rohstoffs gesehen werden und schafft so eine Verbindung des Material- und Energiesektors.
Das Prinzip der Kaskadennutzung ist damit ein Ansatz zur Steigerung der Rohstoffeffizienz von Nawaro und zur Optimierung der Flächennutzung.
Die Ansatzpunkte für Nutzungskaskaden sind vielfältig. Ob und inwieweit derartige Konzepte tragen, wie hoch deren Potenzial ist, welche Voraussetzungen für die Umsetzung zu erfüllen sind, ist aber noch nicht ausreichend untersucht.
Im vorliegenden Diskussionspapier wird zunächst eine Definition des vielfach und teils unterschiedlich verwendeten Begriffs Kaskadennutzung erarbeitet. Die folgenden Darstellungen von Kaskadennutzung integrieren sowohl landwirtschaftliche als auch forstwirtschaftliche Produkte und beziehen sich auf Beispiele der Kaskadennutzung aus beiden Bereichen, um die breite Anwendbarkeit des Konzepts zu verdeutlichen. Zudem werden Anforderungen an eine nachhaltige Kaskadennutzung von Nawaro abgeleitet und Schlussfolgerungen zu deren Ausgestaltung gezogen, damit Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft die Potenziale von Nawaro hochwertig und erfolgreich nutzen können.
Das vorliegende Diskussionspapier leistet einen Beitrag zur Bewertung der Option "Biomethan zur Einspeisung ins Erdgasnetz", indem die Treibhausgasbilanz der Prozesskette sowie die Umwelteffekte durch den Anbau der Substrate detailliert untersucht werden. Die Ergebnisse werden durch laufende weitere Arbeiten der Autoren in den größeren Kontext der umfassenden Untersuchung und Bewertung der Rolle von Biomethan im zukünftigen Energiesystem eingeordnet. Die Kenntnis der Klima- und Umwelteffekte von Biomethan bildet einen wichtigen Baustein in der ganzheitlichen Bewertung. Biogas kann aus Fermentation verschiedener feuchter Biomasse erzeugt werden. Nach der Aufbereitung (im Wesentlichen bestehend aus Entschwefelung, Trocknung und CO2-Abtrennung) spricht man von Biomethan, das als vollständiges Erdgas-Substitut ins Erdgasnetz eingespeist werden kann, um für alle Erdgasanwendungen zur Verfügung zu stehen.
Im Rahmen der hier vorgestellten Arbeiten sind für fünf Standorte in Deutschland regional angepasste Fruchtfolgen untersucht worden, in denen neben gängigen Ackerfrüchten auch Biogassubstrate angebaut werden können. Die betrachteten Substrate umfassen neben Mais auch Futterroggen und Futterhirse, Ganzpflanzensilage aus Wintergerste und Wintertriticale, ein Gemisch aus Mais und Sonnenblumen sowie das Ackergras Landsberger Gemenge. An den Standorten wurden die Auswirkungen auf die Humusbilanz, die Bodenbedeckung (Erosionsschutz) sowie die Biodiversität betrachtet. Im Ergebnis sind durch die Erzeugung von Biogassubstraten nach guter landwirtschaftlicher Praxis keine negativen Umweltwirkungen zu erwarten.
Für die Ermittlung der Treibhausgasemissionen der Biomethanbereitstellung wird zwischen zwei Anlagentypen unterschieden: (1) einer großmaßstäblich geführten Anlage nach heutigem "Stand der Technik", die eine durchschnittlich effektive Biogasanlage im Jahr 2008 im industriellen Maßstab abbildet und (2) einer Anlage, die als "Optimierte Technik" das aus heutiger Sicht und für die nahe Zukunft denkbare Optimierungspotenzial so weit wie möglich ausschöpft. Im Vergleich zum erstgenannten Anlagentyp können die THG-Emissionen durch die optimierte Technik um rund 30 % von 97 g CO2äq/kWh auf 67 g CO2äq/kWh reduziert werden. Kleinere und ältere Biogasanlagen sind im Rahmen dieser Arbeiten nicht näher untersucht worden; ihre Emissionsfaktoren können durchaus von den hier vorgestellten Ergebnissen abweichen.
Im mittelfristigen Ausblick bis 2030 kann aus der Betrachtung des bereits erzielten Fortschritts von der Anlagenkonfiguration nach dem heutigen Stand der Technik zur optimierten Technik eine THG-Bilanz der großmaßstäblichen und industriellen Biomethanerzeugung von rund 53 g CO2äq/kWh abgeschätzt werden. Das Optimierungspotenzial liegt dabei hauptsächlich noch im übergreifenden Prozessmanagement.